19.02.2014

Berlin - ein Zwischenfazit




„Boah nicht nach Berlin, nur Hipster da!“
Ich hatte mal so gar keinen Bock auf diese Stadt! Zugegeben, ich war erst zweimal dort und voller Vorurteile, aber was ich bisher von Berlin und seiner Szene mitbekam, reizte mich einfach nicht im Geringsten. Alles Möchtegern-Kreative mit einem Start-up oder ominösen „Projekt“.  Jeder hält sich für tierisch individuell und schwimmt doch mit der Masse. Und das Schlimmste: Spaß ist verboten! Das war mein Prototyp des jungen Berliners. Und das ist so gar nicht mein Ding.
Vor Jahren entdeckte ich einen Artikel bei spreeblick.com. Er handelt von Berliner Szenemenschen. Damals fand ich ihn tierisch komisch, aber je näher der Umzug rückte, desto mehr jagte er mir, trotz offensichtlicher Ironie, Angst ein. „Oh mein Gott, du wirst da keine normalen Menschen treffen und vor Einsamkeit und Langeweile eingehen.“ So meine Befürchtung.
Hier könnt Ihr lesen, was ich meine.

Auch die Wohnungssuche förderte meine Vorfreude auf meinen zweimonatigen Aufenthalt so gar nicht. Auf wg-gesucht.de scrollte ich mich durch die Angebote und schrieb 100 Mal die gleiche Leier an zig verschiedene Leute. Die Einladung für eine Wohnungsbesichtigung musste ich immer absagen, da ich aus Göttingen nicht mal eben nach Berlin hüpfen konnte. Skype-Gespräche kamen für die meisten nicht in Frage und so trieb mich die Suche nach einer Unterkunft immer tiefer in die Verzweiflung. Aber auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn und auch ich durfte mich nach gefühlten Ewigkeiten über eine Zusage für ein WG-Zimmer in der Schlüterstraße direkt am Ku’damm freuen. Ich kann zur Arbeit laufen und meine Lieblingsläden sind ebenfalls schnell erreichbar. Gut für mich, schlecht für den Kontostand. Aber man gönnt sich ja sonst nichts.

Trotzdem: Obwohl ich ein Dach über dem Kopf sicher hatte, richtig Lust auf Berlin hatte ich immer noch nicht. Für alle meine Freunde und besonders für meine Schwester (Berlin-Fanatikerin der ersten Stunde) total unverständlich. „Du Glückliche, Berlin ist sooo cool!“, wurde mir von jedem versichert, der von meinem Umzug erfuhr. Ich versuchte nicht immer so undankbar und pessimistisch zu klingen und quälte mit einem aufgesetzten Grinsen ein hoffnungsvolles „Ich lass mich überraschen“ raus.
So paradox es klingt: Ich wollte lieber wieder nach Gelsenkirchen, einfach das sechste Semester starten, meine Mädels bei unseren legendären New-Girl-Sessions bekochen und dienstags in Buer ein Bierchen trinken gehen. Wieder eine eigene Wohnung. Für mich. Ganz alleine. Das hätte mir gefallen.
Eine Wahl hatte ich trotzdem nicht, am ersten Februar ging es nach Berlin um mein Praktikum in der PR-Abteilung einer Consulting-Firma anzutreten. Mit überfüllten Koffern und schlechter Laune, weil das Packen so nervig war, stieg ich in den Zug und bemitleidete mich für die nächsten zweieinhalb Stunden selbst.
Nach genau zwei Wochen muss ich aber sagen, dass ich so langsam aber sicher warm mit der Stadt werde. Mit den Hipstern verstehe ich mich überraschend gut und das Beste ist, dass ich endlich wieder mit meinem Darwin, bester Freund und geliebter Paradiesvogel vereint bin.

Gestern habe ich eine alte Mitbewohnerin aus Köln getroffen, die überraschenderweise auch kein Fan der Stadt ist, obwohl sie seit dem letzten Herbst hier wohnt. Also wenn mir wieder ein spaßfreier App-Creator über den Weg gelaufen ist, weiß ich, mit Monika kann ich ungezwungen eine Runde drüber lästern.
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